Kein Schlusswort, aber ein Wort zum Schluss

Nach über 15 Jahren in Gingen und davon fünf Jahren als Jugendpfarrer des Kirchenbezirks heißt es für mich und meine Familie Abschied nehmen. Wir ziehen weiter ins Enztal, wo ich in Vaihingen/Enz die Gemeindepfarrstelle übernehmen werde. Wenn wir an so einer Zäsur stehen, wird uns erst bewusst, wie tief verwurzelt wir hier sind. Das gilt gerade auch fürs Evangelische Jugendwerk Geislingen. Hier haben unsere Kinder eine Heimat gefunden und sich eingebracht bei Freizeiten, Celepraytion oder als FSJler. Hier habe ich selbst ganz viele tolle, engagierte und kompetente Leute kennengelernt. Es war für mich ein großer Gewinn, im BAK, im Vorstand oder auch bei der Delegiertenversammlung jungen und jung gebliebenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu begegnen, die hochmotiviert und oft voller Ideen Neues gewagt und ausprobiert haben, die mir Einblick in die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen gegeben haben und mit denen zusammen ich manches auf den Weg gebracht habe. Es fielen in diese fünf Jahre, in denen ich Jugendpfarrer war, manche Entscheidungen und Veränderungen:

Angefangen bei den personellen Veränderungen: Als ich 2012 als Nachfolger von Reinhard Hoene Jugendpfarrer wurde, war noch Martin Geiger Vorsitzender, die Sekretärin hieß Frau Leistenschneider und die Jugendreferenten waren Daniel Dorn, Sabine Angnes-Starzmann (die auch noch nicht lange so hieß und damals noch mit 100% angestellt war,) und Schwester Claudia Günter. Das Jugendwerk war noch im Jugendheim in der Friedensstraße 44 untergebracht. Das ist für mich gefühlt schon eine Ewigkeit her, aber es sind erst fünf Jahre!

Was waren für mich die prägendsten Ereignisse in Sachen Jugendarbeit?

Da war einmal die Zuordnung von Distrikten des Kirchenbezirks zu den Jugendreferenten. Damit sollten die persönlichen Kontakte und die Präsenz der Jugendreferenten vor Ort gestärkt werden, ein Modell, das sich in meinen Augen zumindest im „Unteren Filstal“ sehr bewährt hat. Wir haben uns auch als Erste gleich die zusätzlichen 25% von Daniel Dorn „eingekauft“, so dass er wirklich vieles in unseren Kirchengemeinden gemacht hat und hier bekannt ist. Er hat dadurch ein ganz anderes Standing.

In dieser Zeit entstanden auch die Jugendkirche „Celepraytion“, die in Gingen fulminant und mit großer Intensität gestartet ist. Es kamen damals teilweise über 100 Besucher und dieser 14-tägige Jugendgottesdienst war eine echte Bereicherung für unsere Gemeinde. In letzter Zeit wurden die Gottesdienste leider nicht mehr so stark besucht, was zum einen ganz normal ist, wenn die Anfangsbegeisterung etwas abgeflaut ist. Und was in meinen Augen aber auch damit zusammenhängt, dass sich naturgemäß die Altersspanne immer weiter auseinanderdividiert hat. „Celepraytion“ muss sich wieder klar für eine Zielgruppe und damit auch für eine Altersgruppe entscheiden. Sonst wird auch der Ortswechsel nach Geislingen nicht viel oder wieder nur vorübergehend etwas bringen.

Eine andere Einrichtung, die sich in meiner Zeit hier fest etabliert hat, ist die WOGELE, die regelmäßig in unserem Gemeindehaus stattgefunden hat. In diesen Zeiten hieß es für die Pfarrersfamilie in Gingen, immer anständig bekleidet durchs Pfarrhaus zu wandeln, weil man nie wusste wer und wann einem aus dem Bad oder der Küche entgegenkam. Aber es war einfach schön, mitzuerleben, wie da teilweise über 20 Jugendliche eine Woche lang das Gemeindehaus in Beschlag nahmen und sich dort häuslich einrichteten und miteinander (auch geistliche) Gemeinschaft erlebten.

Ein eher schmerzliches Thema, das sich über eine längere Zeit hinzog, waren die Entwicklungen im Albdistrikt. Zuerst wollte das Leitungsteam dort nach mehr Selbständigkeit und Eigenbestimmung. Darauf haben wir uns mit der Verabschiedung einer entsprechenden Satzung und der Installierung der dazu notwendigen Strukturen eingelassen. Nach dem Weggang von Schwester Claudia wurde dann allerdings immer offensichtlicher, dass wir unterschiedlich ticken und auch theologisch verschieden geprägt sind. Es ist uns dann trotz zahlreicher Gespräche mit und ohne externer Moderation nicht gelungen, einen für alle Seiten akzeptablen Modus Vivendi zu finden. So kam es dann Anfang 2015 zur einvernehmlichen Trennung. Das war ein schmerzlicher Schritt und ich finde es schade, dass wir es nicht geschafft haben, unterschiedliche theologische Ansichten auszuhalten und zusammenzuhalten, ganz abgesehen davon, dass wir im Jugendwerk dadurch auch einige tolle Leute verloren haben. Aber manchmal ist eine Trennung auch der ehrlichere Schritt als etwas mit Gewalt zusammenhalten zu wollen, das vielleicht nicht zusammenpasst.

Ein Schritt, der sich auch schon länger abzeichnete, war die Auflösung des Freundeskreises des EJW als eigenständiger Verein. Es zeigte sich einfach, dass der Freundeskreis in seiner jetzigen Struktur nicht mehr aufrecht zu erhalten ist. Hier haben wir allerdings die Hoffnung, dass sich ein großer Teil der Mitglieder des Freundeskreises auch weiterhin dem EJBG verbunden weiß und dass der Kontakt nicht abreißt. Wir wollen versuchen, die Freunde auch in Zukunft in die Arbeit des EJBG zu integrieren und die Ressourcen zu nützen, die wir dadurch haben. Ja, wir wollen auch noch neue Freunde gewinnen und aktivieren und ihnen Möglichkeiten bieten, sich in die Arbeit des EJBG einzubringen. Ein vielversprechender Ansatz dazu war etwa das „Fundraising Dinner“, das Anfang des Jahres in Gingen stattfand und ein voller Erfolg war. Es gibt Überlegungen, dieses auf einer breiteren Basis zu wiederholen.

Alles in allem ist und bleibt Jugendarbeit sowohl in der Gemeinde als auch im Kirchenbezirk eine herausfordernde und spannende Sache. Es wird immer ein Auf und Abgeben und in kaum einem anderen Bereich gibt wohl der Satz: „Das einzig Konstante ist die Veränderung.“ Die Lebenswelten Jugendlicher werden sich auch in Zukunft immer wieder verändern und es bleibt die schwierige, aber auch schöne Aufgabe, zu schauen und zu entscheiden: Welche Veränderungen müssen wir mitmachen, wo müssen wir uns selbst verändern und wo dürfen wir auch getrost und mit gutem Gewissen sagen: „Das müssen wir nicht mitmachen.“ Oder: „Das können oder brauchen wir als christliche Jugendarbeit nicht auch noch machen.“ Ich wünsche dafür den Verantwortlichen auch in Zukunft viel Weisheit und Gottes Segen. Vielen Dank für die gute und segensreiche Zusammenarbeit. Vielen Dank auch für den schönen und originellen Abschied in der DV.

Es grüßt Euch ganz herzlich, Euer Matthias Krauter

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